In seinem Vortrag erläuterte er die Risiken der Gentechnik am Beispiel des sich rasant ausbreitenden Gensojaanbaus in Brasilien. Forciert wird diese Entwicklung durch die Firma Monsanto, welche das Unkrautvernichtungsmittel Roundup (Wirkstoff Glyphosat) vertreibt. Glyphosat hemmt ein lebensnotwendiges pflanzliches Enzym. Mittels Gentechnik wurde nun Sojapflanzen eine bestimmte Genvariante aus Bakterien hinzugefügt. Dieses Gen ermöglicht es der Sojapflanze, eine gegenüber Glyphosat unempfindliche Sorte des oben genannten lebensnotwendigen Enzyms zu bilden. Auf recht einfache Weise lassen sich so, zumindest in den ersten Jahren, Unkräuter vollständig aus den Sojafeldern verbannen. 

Brasiliengespr?ch: Lehrende, Studierende, G?ste und der Referent (hinten, zweiter von rechts)

Wie Herr Andrioli berichtete, wissen die Sojabauern dies sehr zu schätzen, weil ihnen nun die wenig angesehene Arbeit des Unkrauthackens erspart bleibt. Leider ist der Erfolg nicht nachhaltig, da sich schon nach wenigen Jahren glyphosatresistente Unkräuter zeigen. Außerdem leide die Bodenbakterien unter dem Einsatz von Glyphosat, dessen Aufwandmenge von Jahr zu Jahr erhöht werden muss. Dies ist insbesondere deshalb bedauerlich, weil einige dieser Bakterien (Knöllchenbakterien) normalerweise mit der Sojapflanze zusammenarbeiten und ihr wichtige Pflanzennährstoffe zur Verfügung stellen. So kommt es, dass die Produktivität der Sojapflanzen leidet. Ein wichtiges Argument der Befürworter des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen, dass nämlich die Nahrungsmittelversorgung mit Hilfe von Gentechnik verbessert werden könnte, lässt sich somit, zumindest am Beispiel des Gensojaanbaus, nicht belegen. Herr Andrioli berichtete in diesem Zusammenhang, dass Sojabohnen größtenteils für den Export z.B. nach Europa bestimmt sind, wo sie u.a. in der Schweinemast als Tierfutter Verwendung finden.

Das Publikum wunderte sich, dass sich die Anbaufläche für Gensoja trotz der inzwischen auftretenden Probleme immer noch so stark ausbreitet. Herr Andrioli konnte auf diese Frage noch keine abschließende Antwort geben. In diesem Zusammenhang erzählte er, dass sein Vater nächstes Jahr ebenfalls Gensoja anbauen wird. Das dafür notwendige Saatgut und Roundup erhält er im Rahmen einer Werbaktion der Firma Monsanto kostenlos.

Kaum glauben konnten die Zuhörer, dass in Brasilien jährlich ca. 200 000 Menschen durch Agrargifte sterben. Herr Andrioli erklärte uns diese hohe Zahl damit, dass die Pestizide in Brasilien in der Regel mit Flugzeugen versprüht werden und durch den Wind relativ weit verdriften. 

Text: Wolfgang Finkmann; Fotos: Hupsy

Wolfgang Finkmann unterrichtete Biologie und Geographie am Comenius-Kolleg.

Antonio Inecio Andrioli ist Agronom und Volkserzieher. Er erwarb einen Mastergrad in Erziehungswissenschaften an der Universität Ijue in Rio Grande do Sul. Zur Zeit arbeitet er im Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück an einer Dissertation zum Thema ökologische Landwirtschaft in seiner Heimatregion. Er war in Brasilien und ist heute in Deutschland bei Attac aktiv, schreibt für portugiesisch-, englisch- und deutschsprachige Zeitschriften, u.a. für die Brasilien Nachrichten. Aus einer Fülle von Veröffentlichungen seien hier nur zwei Bücher genannt: Trabalho Coletivo e Educação (Gemeinschaftsarbeit und Erziehung), Ijue 2001 und Vontade Geral e Democracia. Um Estudo da Democracia Direta em Rousseau (Allg. Wille und Demokratie), Ijue 2000.

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