Denis Goldberg ist ein langjähriger Weggefährte Nelson Mandelas. Er hat wie der erste schwarze Präsident Südafrikas gegen Apartheid und Rassismus gekämpft und deswegen mehr als 20 Jahre im Gefängnis gesessen. Goldberg ist häufiger und gern gesehener Gast im Comenius-Kolleg, wo er mit jungen Leuten über seine Vergangenheit und seine Heimat spricht. Am Dienstag war der 80-Jährige wieder in Mettingen.
Im Interview mit unserer Zeitung spricht er über Mandela, sein Land und dessen Zukunft.
Sie haben mit Nelson Mandela gegen die Apartheid gekämpft. War er für Sie ein Mitstreiter oder sogar ein Freund?
Goldberg: Enge Freunde konnten wir nicht sein. Er lebte in Kapstadt, ich in Johannesburg. Aber wir haben oft miteinander telefoniert. Mandela nannte mich „boy“, er war für mich „Nel“. Im Juli vergangenen Jahres hat mich Nels Ehefrau eingeladen, ihn im Krankenhaus in Pretoria zu besuchen, ihm Mut zuzusprechen.
Waren Sie dort, konnten Sie noch mit ihm sprechen?
Goldberg: Nel war sehr schwach, konnte wegen seiner schweren Lungenentzündung nicht sprechen. Aber er hat mich erkannt.
Sie haben gekämpft, wurden verhaftet, waren mehr als 20 Jahre lang im Gefängnis. Waren Sie immer sicher, das Richtige zu tun? Und haben Sie jemals daran gedacht, aufzugeben?
Goldberg: Nein, Zweifel hatte ich nie. Der Kampf gegen die Apartheid, für Gerechtigkeit und Menschenrechte war notwendig. Das Land ist für alle, es war richtig, sich dafür einzusetzen. Ich bereue auch keinen Tag, den ich wegen dieses Kampfes im Gefängnis verbracht habe.
Kämpfen Sie immer noch?
Goldberg: Man hört nie auf, zu kämpfen. Zwar bin ich nicht in der Politik aktiv und möchte auch kein Abgeordneter sein. Nach wie vor setze ich mich aber für die Freiheit in Südafrika ein. Im April 1995 habe ich die Organisation Community H.E.A.R.T gegründet, die sich seit dem ersten Jahrestag der ersten freien Wahlen mit verschiedenen kommunalen Selbsthilfeprojekten für den Aufbau des Landes starkmacht. Nel hat unsere Arbeit sehr unterstützt.
Nelson Mandela starb am 5. Dezember. Waren Sie auf seiner Beerdigung?
Goldberg: Nein, ich war in Nigeria und hätte nicht rechtzeitig zur Beerdigung zurückkommen können. Dank der modernen Technik und der Medien habe ich die Trauerfeier und Nels Beisetzung in seinem Heimatdorf aber genau verfolgen können.
Nelson Mandela war der erste schwarze Präsident Südafrikas und ein politisches und moralisches Vorbild, ein Nationalheld. Wie wird sich das Land nach seinem Tod entwickeln?
Goldberg: Es wird weitergehen. Es geht darum, Nels Werte hochzuhalten, nette, andere Möglichkeiten für alle zu schaffen. Wir müssen uns mit sozialen Projekten engagieren, etwas für die Armen, für die Opfer von Vergewaltigungen tun, uns weiter gegen Intoleranz und für Gerechtigkeit einsetzen. Nel war kein Heiliger, er war ein Mensch, ein stark–er Führer, dem es gelang, Druck zu machen und die Menschen zu mobilisieren. Da müssen wir weitermachen.
Jacob Zuma, der heutige Präsident Südafrikas, wurde bei der Beerdigung Mandelas ausgepfiffen. Glauben Sie, dass es ihm gelingen wird, das Land voranzubringen?
Goldberg: Mit Jacob Zuma ist es etwas widersprüchlich. Er hat es geschafft, eine neue Zeit einzuläuten. Er ist ein sehr kluger Mann, der eine Menge zu sagen hat. Leider kann er das nicht immer richtig transportieren. Er kann sehr überzeugend sein. Eine seiner wichtigsten Aufgaben wird die Bekämpfung der Korruption im Land sein.
Was möchten Sie den Menschen, den jungen Leuten in Deutschland mit auf den Weg geben ?
Goldberg: Ich möchte die jungen Deutschen gerade im Hinblick auf ihre eigene Geschichte daran erinnern, dass Apartheid und Rassismus sehr gefährlich sind. Ich möchte ihnen klar machen, wie wichtig es ist, sich für demokratische Systeme einzusetzen und sie zu schützen gegen diejenigen, die sie einschränken wollen.
IVZ vom 24.1.2014
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