Vor Kurzem bekam der brasilianische Franziskaner Anastácio Ribeiro in Österreich den Romero-Preis verliehen. Dieser nach dem 1980 in Salvador ermordeten Erzbischof benannte Preis wird Menschen verliehen, die sich in besonderer Weise für Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzen. Und da Frei Anastácio schon mal in Europa weilte, besuchte er seine franziskanischen Mitbrüder in Mettingen und stellte sich am Mittwoch einem Gespräch mit Studierenden des Comenius-Kollegs.
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Seit 1975 setzt sich der Mitbegründer der Landpastorale in der Erzdiözese Paraiba, gelegen im armen Nordosten Brasiliens, für die Rechte von Landarbeitern, Kleinbauern und Landlosen ein. Begleitet wurde er auf seinem Besuch von zwei Mitarbeitern, von Schwester Tania Maria de Sousa und Aristidis Vila de Oliveira.
In seinem Vortrag vor den Studierenden wies er darauf hin, dass in Bereichen wie Gesundheit und Erziehung im letzten Jahrzehnt große Ungerechtigkeiten abgebaut worden seien, dass aber die Landverteilung nach wie vor extrem ungerecht ist. Wenigen einflussreichen Familien gehören riesige Latifundien, die z.B. Soja oder Zuckerrohr für den Export produzieren. Kleinbauern und die indianische Urbevölkerung würden oft von ihrem Land verdrängt – besonders wenn sie keine Besitztitel vorweisen können. Der Kampf für die Rechte dieser Menschen sei oft ein Kampf gegen Polizei und Justiz, die auf der Seite der Großgrundbesitzer ständen. Und er sei gefährlich: in Paraiba wurden in den letzten 30 Jahren 24 Menschen im Zusammenhang mit den Landkonflikten ermordet. Der Kampf war aber nicht erfolglos, denn im gleichen Zeitraum seien ca. 22 000 Familien angesiedelt worden, die nun über rechtmäßige Landtitel verfügen. Inzwischen werden diese Familien auch finanziell von der Regierung unterstützt.
Dass ein Franziskaner nicht nur für die Armen betet, sondern sich politisch für sie engagiert ist durchaus ungewöhnlich. Dazu sei auch eine Bewusstseinsänderung innerhalb seines Ordens nötig gewesen, meint Frei Anastácio, der auch als Landtagsabgeordneter der Arbeiterpartei PT politisch aktiv ist.
Neben dem wichtigen Kampf um Landrechte fördert die Landpastorale eine familienbezogene und ökologische Landwirtschaft. Sie hat erreicht, dass die Kleinbauern auf 32 Märkten in Paraiba ihre Produkte vermarkten können – ihr Beispiel macht Schule in anderen Regionen. Wichtig sei auch die Arbeit mit Jugendlichen und mit Frauen, um Selbstbewusstsein und gesellschaftliche Verantwortung zu fördern, z.B. durch ein Projekt zur Produktion und zum Verkauf von Gemüse.
In der kurzen Schulstunde können die Problemfelder nur angerissen werden, z.B. ob es denn unter den letzten beiden Regierungen in Brasilien überhaupt eine nennenswerte Agrarreform gegeben habe. Frei Anastácio sieht die Lage da offenbar optimistischer als einige Zuhörer. Er verweist auf große Fortschritte im Bewusstsein der brasilianischen Bevölkerung. Dies hätten auch die Demonstrationen im letzten Jahr gezeigt. Die Bevölkerung fordere zunehmend die Erfüllung von Regierungsversprechen ein – bis hin zur Erarbeitung einer neuen Verfassung.
Anneliese Dieckmann
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