Im Osterpfarreiboten der Kirchengemeinde St. Agatha stellte sich in diesem Jahr auch das Comenius-Kolleg vor:

Das Comenius-Kolleg ist ein Weiterbildungskolleg, an dem Erwachsene die Möglichkeit haben, entweder die Fachhochschulreife (Fachabitur) oder die Hochschulreife (Abitur) zu erlangen. Gegründet wurde das Kolleg in Mettingen 1967 durch Franziskaner, die lange Jahre in Brasilien tätig waren. Seit 1972 werden Erwachsene in Mettingen auf das Abitur vorbereitet, zunächst übernahmen die Franziskaner große Teile des Unterrichts. So wurden den Studierenden nicht nur Bildung, sondern auch Werte vermittelt und der Horizont der Wissensdurstigen erweitert. Heutzutage trifft man in den Klassenräumen zwar keine Ordensbrüder mehr, dafür aber Lehrer, die versuchen, auf Augenhöhe mit den Studierenden zusammenarbeiten. Sie bieten ihnen nicht nur Beratungsmöglichkeiten an, sondern auch eine angenehme Lernatmosphäre mit individueller Förderung. Das spiegelt sich sowohl durch das allgemeinübliche „Du“ in der Kommunikation wider, als auch in einer Flexibilität, die klassische gymnasiale Oberstufen nicht anzubieten. 1991 wurde zusätzlich das Studienkolleg für luso-brasilianische Studierende gegründet. Im Studienkolleg werden ausländische Studierende auf ihren Hochschulbesuch vorbereitet, sie müssen nach nur einem Jahr Schulbesuch eine Prüfung ablegen, die ihnen den Hochschulbesuch ermöglicht. Die Studienkollegiaten legen sich bei der Anmeldung an der Schule auf eine Fachrichtung (gesellschaftswissenschaftlich, medizinisch-naturwissenschaftlich, technisch oder wirtschaftswissenschaftlich) fest und werden in Deutsch sowie den dem Schwerpunkt entsprechenden Fächern unterrichtet. Anfangs waren es vor allem Brasilianerinnen und Brasilianer, jetzt ist die Vielfalt der Sprachen und Nationalitäten enorm: jährlich strömen ca. 400 junge Erwachsene aus der ganzen Welt nach Mettingen, um am Studienkolleg zu lernen. Auch einige Lehrer besitzen einen Migrationshintergrund, so ist das Schulleben durch multikulturellen Austausch und Kooperation geprägt. Spricht man mit den Studienkollegiaten über ihre „Startschwierigkeiten“ am Kolleg in Mettingen, so benennen sie verschiedene Dinge. Die meisten sind sich einig darin, dass vor allem die deutsche Bürokratie eine große Hürde darstellt. Bürokratie findet sich überall: Bei der Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung, der An- bzw. Ummeldung im Bürgerbüro, bei den Radio- und Fernsehgebühren, Krankenkassen, … Viele Studierende berichten, dass sie sich anfangs alleingelassen fühlen mit ihren Problemen. Dabei seien es meist keine echten Probleme, sondern Unwissenheit bzw. Unsicherheit. Sie fragen sich, was „normal“ in Deutschland ist und was nicht, welches Verhalten von ihnen erwartet wird. Dabei, so beschreiben es viele Studierende, fehle ihnen häufig der Kontakt zu deutschen Muttersprachlern, der wichtig wäre, um sich als Teil der Gemeinschaft fühlen zu können. Dabei hoffen sie auf das Interesse der Mettinger. Schließlich kämen die Studierenden aus so vielen unterschiedlichen Ländern mit so vielen unterschiedlichen Muttersprachen und kulturellen Hintergründen – es „sei für jeden was dabei“. Die Kollegiaten wünschen sich ein reibungsloses Zusammenleben mit den Deutschen in Mettingen. Sie wünschen sich, freundlich angesprochen zu werden, wenn es mal ein Problem gibt, und haben die Erfahrung gemacht, dass diese „interkulturellen Konflikte“ sich in der Regel durch ein persönliches Gespräch klären lassen. Denn nicht alle „deutschen“ Verhaltensweisen wären für sie bekannt: Sie wundern sich darüber, dass einige Deutsche nachts mit geöffnetem Fenster schlafen, dass sie sich penibel an die Verkehrsvorschriften halten, sie meinen die Frage „Wie geht es dir?“ ernst, sie benutzen Begriffe wie „Liebe“ und „Hass“ als tatsächliche Gefühlsextreme und: Deutsche zahlen bar, ständig und überall. Viele dieser Verhaltensweisen sind in anderen Ländern unüblich. Allerdings muss man diese Unterschiede kennen, um sich „richtig“ verhalten zu können. In diesem Sinne wünschen sich die Studierenden, dass sie die Möglichkeit bekommen, über die kulturellen Grenzen hinweg in Kontakt mit ihren neuen Nachbarn zu kommen.

 

http://www.st-agatha-mettingen.de/images/Dokumente/pfarreienbote.pdf

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